Mehrfamilienhaus, Freiburgstrasse

2016 —

Biel/Bienne

Die Parzelle an der Freiburgstrasse Biel befindet sich im Quartier östlich des heutigen Bahnhofareals nah am Lauf der Madretsch-Schüss. Dem Quartier liegt ein streng orthogonales Strassenraster zugrunde und es ist durch dieses an die Struktur bilden- de Achse der Zentralstrasse gebunden. Die Strassenzüge Freiburgstrasse und Schöneggstrasse sind gemäss Bundesinventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz von nationaler Bedeutung (ISOS) einem Perimeter mit der höchsten Schutzzielstufe ein- geschrieben, was bedeutet, dass die Bausubstanz ungeschmälert erhalten bleiben soll und Ergänzungen höchst qualitätvoll und unter Berücksichtigung des Bestandes zu gestalten sind.

Der Neubau gibt sich als kompaktes, scharf geschnittenes Volumen zu erkennen. Das Haus übernimmt die Traufhöhe der benachbarten dreigeschossigen Gebäude und schliesst mit einem satt sitzenden, auf beiden Längsseiten mit einer respektive zwei dachhohen Lukarnen besetzten Mansardgiebeldach ab. Ein unregelmässig komponiertes Rahmenwerk rastert die beiden Längs- fronten und schafft Felder, die entweder offen als Loggien, voll- oder teilverglast oder geschlossen ausgebildet sind. Fein ablesbar ist eine Zweiteilung des Gebäudes und eine Splitleveldispostion; wie die Niveaus aber untereinander funktionieren ist nicht auf den ersten Blick erkennbar, denn das Rahmenwerk der Strassenfassade ist mit jenem der Hofseite nicht identisch.

Zurückhaltend wirken die eigenwilligen Materialien und die Farbkomposition. Neben dem verzinkten Rahmenwerk kommen dunkelgraue Welleternittafeln und roh belassene Duripanelplatten für die geschlossenen Bereiche zum Einsatz; die Fensterrahmen und die Loggienbrüstungen sind in bronzefarbenem Metall gehalten; die hermetischen, lediglich mit drei respektive vier rautenförmigen Fenstern besetzten Giebelfassaden sind wiederum dunkelbeige gefasst und verputzt.

Hinter der Fassade verbergen sich sechs Wohnungen mit äusserst abwechslungsreichen, sich meist auf zwei Geschossen entwickelten Grund- rissen. Die Typologien der sechs individuell – als Haus im Haus – gestalteten Wohnungen leiten sich aus der spezifischen städtebaulichen Situation an der Schnittstelle zwischen der geschlossenen Bauweise mit Mehrfamilienhäusern und der offenen Bauweise mit Zwei- bis Dreiparteienhäusern ab. Sämtliche Einheiten zwischen Hochparterre und Dachgeschoss werden so angeordnet, dass pro Treppenpodest nur eine Wohnung erschlossen wird. Mehrgeschossigkeiten und Niveausprünge schaffen für jeden Be- wohner einen individuellen Kosmos und verleihen den Wohnungen spezifische Qualität. Die obersten Wohnungen profitieren zusätzlich von privaten Dachterrassen, die Hochparterrewohnung von einem direkten Gartenzugang. Eine grosszügige Eingangshalle zum Garten schafft Raum für informelle Begegnungen der Hausgemeinschaft.

Der Wille war es einen Neubau zu schaffen, der sich aus einer intensiven Auseinandersetzung mit dem Kontext ableitet, aber trotzdem als eigenständige, zeitgenössische Setzung erkennbar ist. Zeitgemässes Bauen im Bestand und im historischen Kontext ist möglich, sind wir überzeugt. Der Bestand muss kein Hindernis darstellen, sondern kann ein befruchtendes Element im Gestaltungsprozess sein.

Bauherrschaft
→ WOW Immobilien
Auftragsart
→ Direktauftrag
Bauvolumen nach SIA 416
→ 3950 m3
Planungsbeginn
→ Oktober 2012
Baubeginn
→ Mai 2015
Bezug
→ Oktober 2016

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